Fremd gebärden
Die Guides des Dialogs im Stillen haben einen gemeinsamen Aufenthaltsraum mit den Senioren Guides des Dialogs mit der Zeit. Zwischen den Führungen erleben wir, wie die Kollegen und Kolleginnen der Stille die Kopfhörer desinfizieren, ihre mails beantworten oder sich unterhalten. Manche von uns haben auch schon ein paar Gebärden gelernt, den eigenen Namen oder „Schönen Feierabend“, „Schönes Wochenende“ oder einfach „Tschüß“. Die deutsche Gebärdensprache (DGS) ist genauso komplex wie eine gesprochene Sprache. Sie hat eine eigene Grammatik, die sich grundsätzlich von der deutschen Schrift- und Lautsprache unterscheidet, und ist natürlich entstanden. Die deutsche Akademia hat sich lange schwer getan, die DGS als vollwertige Sprache anzuerkennen. Die Gehörlosen mussten bis 2002 darauf warten. Nun heißt das aber nicht, dass die Gebärdensprache in ganz Deutschland gleich gebärdet wird. Tatsächlich sind die Dialekte genauso unterschiedlich wie in der gesprochenen Sprache. Auch da verstehen sich die Nordfriesen und die Bayern durchaus nicht immer.
Noch komplizierter ist die Verständigung mit Gebärdensprachlern anderer Nationen. Wie in der DGS hat sich in jedem Land eine eigene Gebärdensprache entwickelt, die auch jeweils Dialekte hervorgebracht hat. Die Verständigung zwischen Neuseeländern und Deutschen z. B. hängt einfach davon ab, ob man die Sprache des anderen kennt. Das ist in der Gebärdensprache genauso wie in der Lautsprache. Gebärdensprachler in Neuseeland haben allerdings noch einen großen Vorteil. Seit 2006 ist die Neuseeländische Gebärdensprache (NZSL – New Zealand Sign Language) eine offizielle Amtssprache neben Englisch und Maori. Sie wird von etwa 24.000 Menschen gesprochen. Bereits 1981 wurde die schwedische Gebärdensprache als Minderheitensprache anerkannt. An der kalifornischen Universität San Diego arbeiten Forscher an einem smarten Handschuh, der die Buchstaben der Gebärdensprache in Text übersetzt. Der kann dann via Handy gelesen werden. Die Tests laufen seit 2017. Der Handschuh übersetzt jetzt schon alle 26 Buchstaben der amerikanischen Gebärdensprache, American Sign Language (ASL). Das wird den Dialog mit denjenigen, die nur Lautsprache sprechen, vereinfachen.
Hoffentlich werden trotzdem viele Menschen lernen, die natürliche Sprache unserer gehörlosen Kollegen zu sprechen.