Vom Ohnsorg-Theater ins Dialoghaus
Er heißt Jürgen Lucke und ist 70 Jahre alt. Das sagt das Bild an der Wand im ersten Stock des Dialoghauses.
Jürgen ist einer von über 30 Seniorguides. Wer in die Ausstellung „Dialog mit der Zeit“ kommt, kann das Glück haben, Jürgen als Guide zu bekommen. Und dann wird er über seinen Weg vom Ohnsorgtheater ins Dialoghaus berichten.
Gelernt hat er den Beruf des Maskenbildners.
Das bedeutete sechs Jahre Ausbildung, drei Jahre Friseurlehre und drei Jahre Ausbildung zum Maskenbildner. Die absolvierte Jürgen am Thalia-Theater. Anschließend wechselte er zur Hamburger Staatsoper, bis er am 1.1.1980 Chef-Maskenbildner am Ohnsorg-Theater wurde.
An seinen Wirkungsstätten hat er die größten Künstler und Künstlerinnen kennengelernt.
Er könnte uns wohl manches erzählen, ist aber professionell diskret. „Die großen Stars“, sagt Jürgen, „waren fast immer bescheiden und freundlich. Die Troublemaker fand man eher in der C-Klasse.“ Einer der sympathischsten Menschen unter seinen Künstlern war Mario Adorf. Und damit nennt Jürgen dann eben doch einen Namen. Seine Arbeit schickte ihn auch auf viele Tourneen und kleinere mehrtägige Touren überall in Deutschland, bis an die Schweizer Grenze bei Basel. Er verschönerte die Darsteller bei Filmen, wie bei „Die Akte Odessa“, um nur einen zu nennen. 1979 arbeitete er auch an der Märchenausstattung für „Dornröschen“. Danach kam dann das Angebot vom Ohnsorg-Theater.
Am Ohnsorg-Theater war man eine große Familie.
„Wir haben immer gearbeitet, wenn andere bespaßt sein wollten.“ Das schweißt zusammen, besonders in der Weihnachtszeit, wenn manchmal drei bis vier Weihnachtsmärchen am Tag liefen. Und dann erzählt er vom gemeinsamen Kochen und Essen mit der Ohnsorg-Familie. Wann immer vereinbar mit seinen Aufgaben beim Theater übte er seinen Job bei Werbeaufnahmen aus. So arbeitete er an Cover für single Schallplatten. Für die jüngeren Leser: Das sind runde Tonträger, größer als CDs oder DVDs, aber mit sehr viel weniger Speicherplatz. Die steckten aber in Hüllen mit tollen Bildern. Auch bei „Kabale und Liebe“ für die Staatsoper in Mannheim und beim Theaterstück „Uns geht’s ja noch gold“ von Walter Kempowski war Jürgen dabei, ebenso bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg.
Mit Anfang 60 ist er ausgestiegen.
Der neue Jugendwahn war nicht mehr so sein Ding. Heute reist er viel. Am liebsten an die Nordsee, vor allem nach Sylt. Er liest gern und sammelt altes Porzellan, seitdem er von der Großmutter einiges erbte. Heute ist er mit Begeisterung Seniorguide im „Dialog mit der Zeit“. Vielleicht habt ihr ja Glück und trefft ihn dort.